Madagaskar - Die Aneignung eines Projektes kann nicht aufgezwungen werden, sie muss aufgebaut und gelebt werden. Manchmal braucht es Zeit. Ein Rückblick auf eine bewegte Zeit in Manirisoa.
Im Jahr 2018 finanzierten wir den Bau eines Wasserversorgungsystems in Manirisoa auf den dringenden Wunsch der 2’500 Einwohner des Dorfes. Der Bau verlief reibungslos und die Bevölkerung drückte ihre grosse Freude über die Einweihung aus, vor allem, als der erste Tropfen Trinkwasser aus den 18 Zapfstellen floss. Diese positiven Aspekte sagten eine glänzende Zukunft voraus.
Aber als ich mich im Jahr 2019 vor Ort begab, war ich entsetzt, als ich feststellte, dass die Zapfstellen baufällig waren und die Wartung nur ein Jahr nach der Inbetriebnahme versagte! Lokale Techniker hatten sogar einige Zapfstellen geschlossen. Die Nutzer kümmerten sich nicht mehr um ihre Beiträge. Das Wasserkomitee und die Bewohner schienen den Ernst der Lage nicht verstanden zu haben, obwohl es ihr Projekt und nicht unseres war. Ich stellte mir viele Fragen und äusserte ein tiefes Unverständnis. Ich konnten nicht gehen, ohne einen offenen und ehrlichen Austausch.
Vier Jahre nach diesem Besuch, als ich den steinigen Weg nahm, der zum Dorf führt, überfiel mich eine gewisse Neugier, aber auch Befürchtungen. Was würde ich vorfinden? Ein Komitee erwartete mich am Eingang des Dorfes.
Vom ersten Moment an merkte ich, dass sich die Haltung grundlegend von der meines ersten Besuchs unterschied. Eine wahre Dynamik zeigte sich bei den fünf Mitgliedern des Komitees und den zwei lokalen Technikern. Unter ihren Impulsen hatte eine regelrechte Übernahme stattgefunden. Von nun an zahlt jede Familie einen Beitrag von MGA 500.- pro Monat. Diese Zahlungen werden sorgfältig von den Verantwortlichen der Zapfstellen auf einem standardisierten Blatt festgehalten. Die Zahlungen und die verfügbaren Mittel werden auf der öffentlichen Säule des Dorfes angeschlagen. Das Komitee beaufsichtigt auch die Sanierung von Zapfstellen. Diese sind seit meinem letzten Besuch nicht mehr wiederzuerkennen. Aufgrund des fehlenden Durchflusses während der Trockenzeit organisierte das Komitee auch die Erschliessung einer zusätzlichen Quelle und führte Nutzungszeitpläne ein. Dank dieser Entscheidungen steht nun allen Einwohnern das ganze Jahr über, genügend Trinkwasser zur Verfügung.
Was hat diese spektakuläre Wende ermöglicht? „Transparenz in der Verwaltung“, antwortete der Vorsitzende des Komitees. Er fuhr fort: „Letzteres hat dazu beigetragen ein Vertrauensverhältnis innerhalb der Gemeinschaft aufzubauen und uns zu unserem Wohl zu vereinen. Es war ein harter und unangenehmer, aber auch notwendiger Weg. Dieses Ergebnis klingt nach einem Sieg. Jetzt geht es darum, unsere Wasserversorgung zu pflegen.“ Was für eine schöne Lektion fürs Leben: Wir dürfen niemals verzweifeln!
Xavier Mühlethaler
Übersetzt von Susanne Leparoux