Seit Anfang dieses Jahres werden unsere Interventionsländer von einer nie dagewesenen Zahl von sozialen Bewegungen erschüttert. Die durch die pandemiebedingten Einschränkungen hervorgerufene Wirtschaftskrise hat die prekären Situationen verschärft, die Gründe für die gesellschaftlichen Unruhen reichen aber weiter zurück.
Ein besonderes Ereignis wirkt jeweils als Zündstoff: Das umstrittene dritte Mandat des Präsidenten in Guinea, die als willkürlich eingestufte Verhaftung eines Oppositionellen in Senegal oder die Machtergreifung durch die Militärjunta in Myanmar. Darauf organisiert sich der Widerstand gegen die Machthaber. Die Jugend agiert als Vorhut. Über die sozialen Netzwerke organisieren sich die Bewegungen, mobilisieren ihre Sympathisanten und koordinieren ihre Aktionen. Damit verschmelzen das Virtuelle und die Realität. Insbesondere die jungen Menschen brauchen die digitalen Mittel, um sich über die Landesgrenzen hinweg Gehör zu verschaffen.
Die Situation in Myanmar ist nicht mit derjenigen in Senegal vergleichbar. Dennoch hat der zum Ausdruck gebrachte Überdruss gemeinsame Nenner: 1) Die Forderung nach einem Rechtsstaat und die Ablehnung einer überkommenen Ordnung. 2) Die mangelnden Perspektiven der Jugend. Die Zukunft scheint aussichtslos, insbesondere in Sachen Beschäftigung.
Es ist kein Zufall, dass in Europa wieder mehr junge MigrantInnen aus den westafrikanischen Ländern ankommen. Von den senegalesischen Menschen, die im Einbaum die kanarischen Inseln zu erreichen versuchen, hört man oft: „Barça ou barzac“, was so viel heisst wie „Barcelona oder der Tod“!
Die wirtschaftliche Entwicklung ist – vor allem auf dem afrikanischen Kontinent – begrenzt und steht in krassem Gegensatz zu der grossen Zahl junger Menschen, die jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt gelangen.
Wir erachten es als notwendig, die Entstehung eines echten Wirtschaftsgefüges zu fördern, und zwar nicht nur in den Städten. Nouvelle Planète trägt mit der Schaffung von landwirtschaftlichen Verarbeitungsanlagen und Gemüseanbauflächen dazu bei. In bestimmten Regionen haben unsere Projekte eine Trendumkehr bewirkt: Die Menschen kehren in ihre Dörfer zurück! Dies ist zwar ein bescheidener, aber nennenswerter Etappensieg, der – insbesondere den jungen Menschen – Perspektiven eröffnet.
Xavier Mühlethaler
Übersetzt von Marina Bentele